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24.02. – 27.02.2003          Durch die Serengeti nach Mwanza/ Victoria-See 

 

Unser Weg führte uns westwärts in die Weite der Serengeti. Als erste Etappe sollten wir nach rund 100 km die legendäre Oldupai-Schlucht erreichen.

Aus irgendeinem Kinderbuch war mir noch das Bild dieses Felsens, welcher sich aus der Schlucht erhebt, in Erinnerung. Jetzt blickten wir höchstselbst hinab in diese ‚Wiege der Menschheit’. Bereits zu Kaiser Wilhelms Zeiten fand man hier die ersten Knochen und Faustkeile in den vom Oldupai River freigespülten Erdschichten. Später folgten dann ein 2 Mio. Jahre alter ‚Australopithecus-Schädel’ und schließlich, 1978, die berühmten Laetoli Footprints, die Fußabdrücke dreier Vormenschen, die reichlich 3,5 Mio Jahre vor uns durch diese Landschaft schlappten. Ein kleines, aber feines Museum gibt weitere Auskunft. Vom Museumsleiter erhielten wir die Genehmigung, die Schlucht mit dem Auto zu durchqueren und setzten unsere Fahrt fort auf der Suche nach shifting sands.

Diese Wanderdüne aus Aschestaub des rund 60 km entfernten Ol Doinyo Lengai ist auf keiner Karte eingezeichnet, und so fuhren wir einfach mal drauf los. Irgendwann blieb im Gewirr der sich kreuzenden Pisten nur noch die Orientierung mit Karte und Kompaß, um wenigstens die große Richtung nicht zu verlieren. Als wir eigentlich schon aufgeben wollten, lag sie dann plötzlich vor uns. Nun ja, sicher gibt es eindrucksvollere Ereignisse, aber allein die Tatsache, sie gefunden zu haben, machte uns ein wenig stolz. Der Kompassnadel folgend, kehrten wir zurück zur ‚Hauptpiste’.

Die Nacht wollten wir am Ufer des südlich der Hauptroute gelegenen Lake Ndutu verbringen. Grund für den ‚Umweg’ war der große ‚Trek’ von rund 2 Millionen Gnus, Zebras und Gazellen. Dem jahreszeitlichen Rhythmus von Regen- und Trockenzeit folgend, halten sich die Tiere am Anfang des Jahres in den nach der kleinen Regenzeit üppig grünen Serengeti Plains auf, zu denen eben auch das Gebiet um den Lake Ndutu gehört. Die übrigen Regionen der Serengeti wirken dann wie ausgestorben, bevor sie von den riesigen Herden auf ihrer Wanderung gen Norden, hinauf in die kenianische Masai Mara, durchstreift werden. Auf einsamer, aber guter Piste ging es zügig gen Süden, bis wir am Horizont die ersten großen Herden entdeckten. In strenger Marschordnung, ein Tier dem anderen folgend, zogen sie in endlos langer Kolonne durch die Savanne. In gebührendem Abstand ließen sie uns passieren, und in wahrem ‚Safari-Fieber’ erreichten wir am Nachmittag den Lake Ndutu. Die Preise der ‚Ndutu Lodge’ waren rechts sportlich, und so entschieden wir uns für eine Zeltnacht im Busch. Der ausgewiesene Campside bestand aus ein paar Flecken niedergemachten Grases, wir waren völlig allein, was wollten wir mehr. Im Schutz unseres Eisenschweines gegen vielleicht planlos heranrückende Großvieheinheiten bauten wir unser Zelt auf, und schon bald saßen wir, grillenbezirpt, unter der untergehenden Sonne Afrikas. Haach…

 

 

 

 

Der lange Arm der Bürokratie.

Bevor wir uns vollständig in das Dschungelabenteuer eines Hollywood-Streifens versetzt fühlten, sorgte eine am Ende doch erheiternde Episode für den nötigen Bezug zur Realität. Es war bereits dunkel, und eigentlich  rechneten wir nicht mehr mit ‚Besuch’, als sich die Scheinwerfer eines Geländewagens zielstrebig unserem Zelt näherten. Man kennt das ja von diversen Paddeltouren, der schönste Rastplatz ist nur solange einsam, bis gesellige Zeitgenossen deine Nähe suchen. Warum sollte es in Afrika anders sein. Doch dann entstiegen zwei junge Burschen, welche sie höflich als Parkranger vorstellten und um das entsprechende Permit baten. Kein Problem, das Ngorongoro-Permit war gültig bis zum nächsten Tag, und dann gibt’s ein neues am Nabi Hill Gate für die Serengeti. So dachten wir. Die beiden machten uns jedoch klar, dass wir uns bereits im Serengeti-Nationalpark befanden. Die Grenze sei exakt die rund 50 m abseits liegende Piste, wir hätten also auf der gegenüberliegenden Seite campieren müssen. Ich hielt diese Spitzfindigkeit angesichts der Weitläufigkeit des Geländes für ziemlich übertrieben. Sicher unterstellte ich den beiden Jungs zumindest anfangs auch eine gewisse ‚Geschäftstüchtigkeit’ und hatte daher keine Lust, bei vorhandenem Permit eine Nacht quasi doppelt zu zahlen. Irgendwann kam wohl auch den beiden die Sache etwas albern vor, doch konnten sie es einfach nicht über sich bringen, uns ohne gültiges Permit zurückzulassen. Bis heute habe ich den stillen Verdacht, dass beide vielleicht im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojektes eine deutsche Verwaltungsschule besuchten oder zumindest ihre Urgroßväter unter Kaiser Wilhelm hoheitliche Aufgaben ausführten. Und so suchten und fanden wir einen Kompromiß, welcher uns unseren Rastplatz ließ und dem Pflichtbewusstsein unserer beiden Freunde genügte. Neues Permit für die Serengeti ab  0 Uhr, bis dahin behördlich tolerierte Illegalität. Allen Beteiligten war die Erleichterung über diese Lösung anzumerken, und so blieb noch Zeit für eine ausgelassene Plauderei über die Herkunft eines großen ‚Carl Zeiß’-Aufklebers an der Frontscheibe des Rangerwagens. Alles in allem dauerte es nahezu eine Stunde, bevor wir, jetzt auch amtlich genehmigt, uns der Nacht im einsamen Busch anvertrauen und in unser Zelt kriechen konnten. Nicht ohne uns, den beiden Rangern sei dank, ein wenig wie daheim zu fühlen…

Als wir am nächsten Morgen das Naabi Hill Gate erreichten, waren wir bereits stolze Besitzer eines gültigen Permits und konnten uns somit die Warterei an den umlagerten Schaltern des Eingangsgebäudes sparen. Es war noch einmal ziemlich trubelig, denn zumindest dieser Teil der Serengeti bis zur Seronera-Lodge liegt noch an der Hauptroute der Safariunternehmen. Im Gegensatz zum Ngorongoro-Krater verteilt sich alles jedoch relativ schnell, und auch wir begaben uns auf Erkundungstour um die Kopjes, diesen inselartigen Felsauftürmungen in der sonst bis zum Horizont flachen Savanne. Irgendwann stießen wir tatsächlich auch auf in der Mittagssonne dösende Löwen. Als noch größere Attraktion empfanden wir jedoch jede Menge Störche, die im Savannengras herumstolzierten. Da fährt man bis nach Afrika, aber die Mecklenburger sind schon da… Ansonsten beeindruckte die Weite der Serengeti vor allem durch ihre Leere. Wir wussten ja nun, wo die großen Herden stecken, hatten sie gesehen. Sonst wäre es wohl eher enttäuschend gewesen.

Die Nacht verbrachten wir im Seronera Valley inmitten der Serengeti. Natürlich campend (Pimpi Campside), denn die Preise in den mehr oder weniger luxuriösen Lodges spotten jeglicher Beschreibung (bis zu 800,- $ pro Nacht!!!). Eingeschlossen in so einer Nobelsuite hätten wir uns wahrscheinlich auch um das Erlebnis gebracht, die Nacht unter freiem Himmel mit einem brüllenden Löwen zu teilen. Wir haben das nur hier erlebt, an keinem der weiteren Rastplätze. Es war einzigartig. Sicher war der Bursche einige Kilometer entfernt, aber durch die Stille der Nacht klang es, als stände er 100 m neben dem Zelt. Afrika! Da war es wieder…

 

Der nächste Tag führte uns entlang des Grumeti River in den Western Corridor. Mehrfach kreuzten Elefantenherden die Piste, Safaritouristen sah man kaum noch, und am Nachmittag stellte sich uns ein veritabler Steppenbrand in den Weg, welchen wir (mangels Alternative), beherzt durchquerten. Letzte Station auf dem Gebiet des Serengeti-Nationalparks war das Kijerashi Tented Camp. Alles in allem ein von Indern geführtes, ordentliches Camp für reelles Geld, in welchem wir einen kleinen Bungalow bezogen. Das Giebeldreieck war zu Lüftungszwecken mit Maschendraht verschlagen, auf einem querverlaufenden Balken, außerhalb des Drahtfensters, wie hübsch, ein kleines Vogelnest. Dachte ich zumindest. Nach einem kleinen Abendschläfchen lernten wir jedoch die wahren Bewohner kennen. Im Dämmerlicht der untergehenden Sonne saßen, eng aneinander gekuschelt, zwei Fellpopos auf dem Balken, die herunterhängenden Schwänze machten die beiden Mitbewohner eindeutig als Ratten kenntlich. Nun ja… Mag man mir Intoleranz vorwerfen, trotz des herzigen Bildes, welches die beiden auf ihrem Balken abgaben, rebellierte meine innere Stimme gegen diese Art von Untermietern! Und so organisierte ich noch am frühen Abend unseren Umzug in einen anderen Bungalow. Diesmal ohne Ratten, wie mir vom wissend dreinschauenden ‚Manager’ versichert wurde.

 

Die letzten Kilometer am nächsten Morgen führte durch einen Miombo-Wald, jener eigenartigen Mischung aus lichtem, höchstens 10m hohen Baumbestand und dichtem Graswuchs am Boden. Hier machten wir erstmals intensiv Bekanntschaft mit Tsetse-Fliegen, jenen Plagegeistern, die im Süden zur Entvölkerung ganzer Landstriche geführt haben und nicht zuletzt die gefürchtete Schlafkrankheit übertragen. Vergeßt alles, was ihr durch Mücken, Bremsen o.ä. kennt!! Diese Biester sind die ultimative Plage! Schnurstracks, selbst durch einen geöffneten Fensterspalt des fahrenden Autos, gehen sie auf ihr ‚Opfer’ los. Ist das Fenster geschlossen, lassen sie sich zu Dutzenden auf dem Auto nieder. Kein ‚Umschwirren’, kein lästiges Surren, Ziel erkannt und ‚pieks’. Und das tut dann auch noch ‚saumäßig’ weh. Einbalsamieren mit ‚Nobite’ hilft etwas, durchstichsichere Klamotten (Fjäll Räven!) sind Pflicht. Der Abschied fiel uns somit nicht wirklich schwer, als wir am Ndabaka Gate den Serengeti Nationalpark verließen und recht bald auf die Hauptstraße von Bunda nach Mwanza am Victoria-See stießen. Unerwartet kamen wir mal wieder in den Genuß einer asphaltierten Straße und schon bald erreichten wir den Victoria-See und kurz darauf Mwanza, die Hafenstadt am Südufer des größten Sees Afrikas.

 

Quartier bezogen wir im ‚IKO-Hotel’, etwas außerhalb auf einem der vielen Hügel gelegen, und residierten in einem riesigen Zimmer mit hohen Decken und alten Kolonialmöbeln.

Da wir erneut die einzigen Gäste waren, nahm die ‚Herbergsmutter’ die Bestellung für’s Abendessen gleich beim einchecken entgegen (Chicken with Pommes, so what…) und erinnerte zur vereinbarten Zeit durch forderndes Klopfen an die Zimmertür an die pünktliche Einnahme der Mahlzeit. Selbige nahmen wir dann unter ihren behütenden Blicken, welche sie zu keinem Zeitpunkt von uns ließ, ein. Mama africa…

Die Nachmittagsstunden zuvor nutzten wir noch für einige wichtige Einkäufe. Diese sollte man unbedingt noch hier erledigen, denn alles, was die kommenden 2-3 Wochen vor uns lag, war mehr oder weniger afrikanische Provinz. Nicht zuletzt gelang es uns, endlich die Barkasse durch den erfolgreichen Tausch der Travellers wieder aufzufüllen. Alles in allem bietet Mwanza wenig Attraktionen. Im Gegensatz zu Arusha kann man jedoch  absolut unbehelligt durch die Straßen schlendern, allenfalls gelegentlich neugierig beäugt, denn weiße Hautfarbe sieht man hier schon seltener.

 

Pünktlich am nächsten Morgen reihten wir uns ein in die Schlange der Wartenden am Hafen und setzten am späten Vormittag bei recht trübem Wetter über den Golf von Mwanza. Noch einmal erinnerte uns der ‚Bismarck Rock’, ein standfester Granitblock an der Hafenausfahrt, an die deutsche Vergangenheit.

 

ulf.hagen@web.de