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23.02.2003               Ngorongoro-Krater

 

Der Park. Unmerklich steigt die Piste höher hinauf, durchquert einen Wald am Fuß der Kraters, bis plötzlich, nach paar letzten Serpentinen, der Kraterrand erreicht ist. Unwirklich breitet sich die riesige Ebene der Caldera in fast 600 m Tiefe aus. (Diashow) Wir stehen am Rand des sagenhaften Ngorongoro-Kraters, des größten, nicht mit Wasser gefüllten Vulkankraters der Erde. Am Horizont sind die Umrisse des Mt. Meru und eben noch der schneebedeckte Gipfel des Kilimanjaro zu erkennen. Fast meint man, die Trommeln der Maasai zu hören, sieht große Tierherden vor dem geistigen Auge vorüberziehen – hier ist Afrika! Berühmt geworden durch Grzimeks Film ‚Serengeti darf nicht sterben’ hat wohl kaum eine Landschaft das Bild von Afrikas Natur so geprägt, wie der Ngorongoro. Auf 16 x 20 km finden sich, wie in einem großen Freiluftzoo, die wichtigsten Vertreter der afrikanischen Savanne. Über 25.000 Gnus, Zebras und Büffel; Elefanten und bis zu 100 Löwen, für die der Krater eine riesige, unerschöpfliche Speisekammer darstellt. Nur auf Giraffen muß man ‚verzichten’, für sie stellt die steile Kraterwand ein unüberwindliches Hindernis dar. Und nicht zuletzt ist der Krater Lebensraum für 17 Spitzmaulnashörner, deren Geschichte aber eher eine traurige ist. Von über 1000 Vertretern ihrer Art, die man noch vor 30 Jahren im gesamten Ngorongoro-Park fand, sind allein diese 17 übrig geblieben, 7 leben wohl noch in der Serengeti. Es ist das Ergebnis der Wilderei und der schwachsinnigen Jagd nach dem begehrten Horn, vor allem wohl im Auftrag asiatischer Apotheken. Auch das ist ein Aspekt der ‚traditionellen chinesischen Medizin’, den sich wohlmeinende ‚Gutmenschen’ in Europa und anderswo bei ihrer (sonst berechtigten!) Begeisterung für diesen Kulturkreis vor Augen führen sollten. Daß jeder der ‚dicken Kerle’ inzwischen einen Namen erhalten und den Rangern ‚persönlich’ bekannt ist, ist wohl auch keine Garantie für das dauerhafte Überleben dieser letzten Nashörner. Schlußendlich sieht man auf dem Grund dieses erloschenen Vulkans sowohl die Schönheit, aber auch die Probleme der afrikanischen Natur wie unter einem Brennglas.

 

Unser Weg führte uns zunächst weiter zum Parkoffice. Die Einfahrt in den Krater ist nur mit einem schweren Geländewagen und in Begleitung eines Tourleiters oder Parkrangers gestattet. Als ‚Alleinreisende’ mussten wir uns letzteren erst ‚organisieren’. Nach etwas mühsamen Freiräumen der Rücksitzbank wurde uns schließlich ein Ranger zugeteilt, und ab ging es zu Dritt hinunter auf den Grund des erloschenen Vulkans. Wie in einem riesigen Amphitheater blickten wir jetzt auf die umgebenden Steilwände, in der Ferne sahen wir die ersten größeren Tierherden (Diashow). Kurz darauf trafen wir auf ein paar Maasai, denen in festgesetzten Gebieten tagsüber noch das Hüten ihrer Vieherden im Krater erlaubt ist (Diashow), während das Siedeln im Krater auch für sie verboten ist.

Wir machten uns also auf die Piste, und schon nach kurzer Zeit verfiel unser Ranger in tiefen Schlaf. Anfangs weckte ich ihn noch, wenn wir einen Kreuzungspunkt erreichten. Als seine Antwort auf meine wiederkehrende Frage nach der Richtung jedoch immer ‚turn left’ lautete, beschloß ich, ihm seinen Schlaf zu gönnen, und die Caldera auf eigene Faust zu erkunden. Verfahren konnte man sich ja nicht, da jede noch so falsche Richtung schlimmstenfalls am Fuß der Kraterwand enden würde.

Zunächst erreichten wir den fast ausgetrockneten Lake Magadi. Im Gegensatz zum Manyara konnten wir die unzähligen Flamingos hier aus geringer Nähe fotografieren. Zebras kamen zur Tränke (Diashow) und wir sahen zum ersten Mal Strauße vorbeistolzieren. Grimmig dreinschauende Büffel stellten sich uns in den Weg. Sie wirkten, wie gerade aufgestanden, und da ich weiß, wie unleidig man in diesem Zustand sein kann, gaben wir ihnen stets den Vortritt. An den ‚pools’ des Mandusi Swamp erlag ich zum ersten Mal der Faszination ‚Nilpferd’! Wann auch immer wir im weiteren Verlauf unserer Reise an einer von diesen Urviechern bewohnten Wasserstelle Halt machten – ich hätte sie stundenlang beobachten können (tat das auch…). Man muß erlebt haben, mit welch kindischer Verspieltheit diese Kolosse durch’s Wasser prusten, sich gelegentlich unter wohligem Grunzen um die eigene Achse drehen und dabei den Blick auf ihren rosagefleckten (!) Bauch freigeben. Und irgendwann reißt dann einer das Maul auf, und es gelingt eines dieser legendären ‚Afrikaphotos’ (wenn man, wie gesagt, lang genug wartet…) Auf dem Weg zur ‚Old German Farm’ (bis zum 1. Weltkrieg siedelten hier wohl zwei deutsche Brüder) drängelten wir uns förmlich durch große Zebra- und Gnuherden. Die Fluchtdistanz dieser Tiere ist hier im Krater, wohl auch wegen der hohen ‚Touristendichte’, geringer als in der freien Savanne, sodaß wir ihnen häufig fast ‚Auge in Auge’ gegenüberstanden (Diashow). So viel ‚Afrika’!!

 

 

 

 

 

Kurz darauf erhielt unsere Begeisterung einen kleinen Dämpfer. Am Pistenrand hatten annähernd ein Dutzend Landrover, vollbesetzt mit fotohungrigen Touris (was wir ja zugegeben auch waren!) Aufstellung genommen. Ich vermutete zunächst einen Unfall, doch wie sich herausstellte war der Grund ein am rechten Pistenrand ‚platzierter’ Löwe, der schwer hechelnd ‚Motiv lag’. Das ganze ähnelte jetzt eher einem Safaripark, und wahrscheinlich stand dieser König der Tiere unter Drogen… Wir mieden zunächst die Szenerie, wollten und mussten jedoch auf unserem weiteren Weg an diesem Auflauf vorbei. Nach etwa einer halben Stunde des Wartens fiel dann der Entschluß, uns vorsichtig zwischen den parkenden Autos und dem Löwen vorbeizuzwängen. Ich rechnete sowohl mit dem aggressiven Protest der ‚Safariristen’ über ein Vertreiben des Löwen, als auch mit einer wütenden Attacke desselben. Nichts dergleichen geschah. Wohl bedacht, dem edlen, mähnetragenden Raubtier nicht über den Schwanz zu fahren, passierten wir die Engstelle.

 

Am Nachmittag erreichten wir, an einem kleinen See gelegen, einen der wenigen offiziellen Rastplätze, an denen das Verlassen des Autos erlaubt ist. Unser Ranger begab sich umgehend in den Schatten eines großen Baumes und setzte seinen Schlaf fort. Wir vertraten uns etwas die Beine (im See lebten einige Hippos…!) und stärkten uns unter den wachsamen Augen kleiner bunter Vögel, die sich bis auf die geöffnete Autotür vorwagten. Nach etwa einer Stunde weckten wir den Ranger und begaben uns auf den letzten Abschnitt unserer Rundfahrt, bevor wir gegen 18 Uhr, wie alle Besucher, den Krater wieder verlassen mussten. Der Ranger fand nun nicht mehr so recht in den Schlaf. Er verriet uns die afrikanischen Namen einiger Tiere, erzählte uns etwas über die zwei deutschen Brüder, die einst im Krater lebten und schließlich – entdeckte er in der Ferne ein Spitzmaulnashorn! Wir zückten das Fernglas und verharrten nahezu ein halbe Stunde, immer hoffend, dass es sich uns wenigsten ein klein wenig nähern würde. Vergebens. Mit etwas Zureden hätte unser Begleiter vielleicht auch einem Verlassen der Piste zugestimmt, um wenigstens auf eine passable Photodistanz an das Tier heranzukommen. Doch dies hätte vermutlich umgehend weitere ‚Kundschaft’ herbeigerufen (ein ungeschriebenes Safari-Gesetz besagt in etwa: ‚wo ein Auto, da ein seltenes Tier, da fahre auch du hin!’) und in Erinnerung an unser Löwen-Erlebnis verzichteten wir. Mit Tele und extrem weitem Herauslehnen aus unserem Auto schossen wir noch ein paar Photos. Der Wiedererkennungswert des abgebildeten Nashorns war jedoch später auf den Dias sehr gering und erschloß sich eigentlich nur uns, was zu eher verhaltener Begeisterung, manchmal auch zur Skepsis beim geneigten Auditorium führte.

 

Am späten Nachmittag verließen wir schließlich den Krater auf einer wahrhaft abenteuerlichen Piste, die jedem offroad-fan das Herz hätte höherschlagen lassen, brachten den Ranger zurück zum Office und verabschiedeten ihn mit einem kleinen Trinkgeld in den wohlverdienten Feierabend.

 

 

Ein sagenhafter Tag neigte sich dem Ende. Wenngleich der Ngorongoro-Krater, wie beschrieben, zeitweise etwas einem Safaripark ähnelt, ist es doch eine einmalige Gelegenheit, eine Vielzahl an Tieren auf engem Raum aus unmittelbarer Nähe zu beobachten. Eine Gelegenheit, die sich später in dieser Form nicht wieder bietet, weshalb ein Abstecher, gerade am Beginn einer Safari-Tour, unbedingt empfehlenswert ist!

Beinah erfroren…! Mit Anbruch des Abends rückten wir ein ins ‚Simba-A-Camp’. Unmittelbar am Kraterrand gelegen bietet es einen ruhigen Platz zum Zelten, einen schönen Ausblick in die Caldera und ist aufgrund der horrenden Übernachtungspreise in den Lodges auch für ‚normal’ gefüllte Geldbeutel nahezu alternativlos.

Eine schnell zubereitete Mahlzeit und dann ging es ab ins Zelt. Ab in die Schlafsäcke kann ich nicht schreiben, denn die waren bereits mitsamt dem ‚Bergzeuch’ auf dem Weg zurück in die Heimat. Und dies sollte sich ‚grausam’ rächen… Nur in dünne Seidenkokons gehüllt, wollte ich eigentlich einer friedlichen Nacht entgegenschlummern. Doch bereits nach etwa einer Stunde kroch die Kälte an mir hoch. Klar doch, wir befanden uns noch immer auf rund 2.000 Meter, Afrika hin oder her! Zwar schlief ich nicht im kurzen Höschen, aber ich hatte mich nicht gerade frostsicher eingepackt. Für gewöhnlich bin ich ausgesprochen kälteresistent, daher wohl auch etwas gedankenlos in diese Nacht gestartet. Doch nach einer weiteren Stunde fror ich so erbärmlich, dass mir die zurückliegende Kibo-Tour wie ein Südseeurlaub vorkam. Christina schlummerte seelenruhig, und ich konnte gar nicht mehr so schnell klappern, wie ich fror – ich musste sie aufwecken, bevor mich der Kältetod ereilte! Mein ‚Hilferuf’ wurde jedoch lediglich mit einem Hinweis auf den Gebrauch dickerer Sachen beantwortet, dann entschlief sie wieder. Und ich litt! Die ganze Nacht!! Jaja, die dicken Sachen lagen im Auto, doch dieses stand gut 50m vom Zelt entfernt. Eine Distanz, die mir unüberwindlich erschien. Gegen Morgen begann dann noch irgendwelches Hufgetier direkt neben unserem Zelt zu äsen. Und so sehnte ich, immer wieder von Kälteschauern geschüttelt und vom Geräusch neben meinem Ohr abgerupfter Grasbüschel am Einschlafen gehindert, die wärmende Morgensonne herbei.

Erst nach einem kräftigen Frühstück (in der Morgensonne!) konnte ich meinem schon ziemlich dussligen Verhalten in dieser Nacht eine zunehmend heitere Seite abgewinnen.

Glücklich, unter dem Himmel Afrikas nicht ‚erfroren’ zu sein (ich hatte wirklich Sorge um mich…!), zogen wir weiter Richtung Serengeti.

ulf.hagen@web.de