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08.03. – 13.03.2003  Von Sumbawanga über Mbeya zum Malawi – See

 

Spät in der Nacht des 07.03. erreichten wir Sumbawanga, ein verschlafenes, aber nicht ungepflegtes kleines Örtchen. Tatsächlich fanden wir noch eine Unterkunft im ‚Country-Hotel’, und trotz der späten Stunde gab’s noch ein paar kalte Speisen. Das Haus schien ausschließlich von Männern bewirtschaftet, die den ‚Laden’ aber durchaus im Griff hatten. Sehr empfehlenswert jedenfalls.

Nach einem ausgiebigen Frühstück am Morgen verabschiedeten wir uns von unseren norwegischen Begleitern und machten uns auf den Weg nach Mbeya. Es lagen nochmals rund 225 km Piste vor uns, bevor wir in Tunduma den von Sambia kommenden und bis nach Dar reichenden, gut ausgebauten Tan-Zam-Highway unter die Räder nehmen könnten.

Im morgendlichen Trubel auf den Straßen von Sumbawanga wies uns ein freundlicher Polizist den Weg Richtung Tunduma, und in Erwartung von erneut rund 5 Stunden Holperpiste starteten wir gen Süden. Die Landschaft war geprägt von Feldern und gelegentlich auftauchenden kleinen Siedlungen, und schon bald begann es zu regnen. Wir begegneten keinem einzigen Fahrzeug, die Piste wurde zunehmend schlechter. Der Regen verwandelte den Pistenstaub in eine schmierige, rutschige Pampe, und des öfteren drohte mir unser Eisenschwein beim Bergabfahren auf der ausgesprochen hügeligen Piste einfach in den Straßengraben zu rutschen. Mehr als Schrittgeschwindigkeit ging zeitweise gar nicht, und wir sehnten die Asphaltstraße des Tan-Zam herbei. Irgendwann hörte der Regen auf, die Piste wurde besser und schließlich, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, war Tunduma erreicht. Erst jetzt bemerkten wir, nach nochmaligem intensiven Kartenstudium, dass wir auf einer ‚unbefestigten’ Nebenpiste unterwegs gewesen waren, was distanzbezogen sicher kein Umweg war, aber uns durch die somit erklärbaren brutal schlechten ‚Straßen’verhältnisse zumindest Zeit gekostet hatte. Egal, wir waren durch…!

Tunduma war ein einziges Chaos. Diese Grenzstadt zu Sambia war bis in die letzte Nebenstraße vollgepackt mit Lkw, Bussen und Autos, die auf die Abfertigung warteten. Manche von ihnen standen schon 2 Tage. In der Annahme, dass es auf sambischer Seite nicht wesentlich entspannter zugeht, waren wir gar nicht mehr böse, den Abstecher über Sambia ausgelassen zu haben, denn wir wären genau hier wieder nach Tansania eingereist. Manchmal hat eben alles seinen Sinn…

Die letzten, rund 100 km bis Mbeya legten wir entspannt auf dem gut ausgebauten Tan-Zam-Highway zurück und schlüpften am Abend im ziemlich runtergekommenen, aber direkt an  der Hauptstraße liegenden ‚Rift Valley-Hotel’ unter.

Den nächsten Tag nutzten wir, um unsere Vorräte aufzufüllen. Mbeya mit seinen rund 150.000 Einwohnern bot dafür eine gute Gelegenheit. Auch wechselten wir das Quartier und zogen in das etwas außerhalb auf einem Hügel gelegene ‚Utengule Country Hotel’. Eine wahrhaft schicke Unterkunft! Mitten im Grünen gelegen bieten die herrlichen, über 2 Etagen reichenden Zimmer im Kolonialstil einen weiten Blick ins Land. Zur Abkühlung ein Bad im kleinen Pool und am Abend steigt man in ein riesengroßes Himmelbett. Klasse! Es muß ja nicht immer das Zelt sein…

Trotzdem zog es uns am nächsten Tag wieder in die ‚Wildnis’, der letzte der drei großen Seen des ostafrikanischen Grabenbruchs, der Malawi-See, wartete auf uns. Durch das zauberhafte Rungwe-Valley fährt man, umgeben von sattgrünen Teeplantagen, gen Süden, und irgendwann erblickten wir von einer Anhöhe aus das Blau des Sees am Horizont. Bis zum Erreichen seines Nordufers sind nochmal 40 km durchaus ‚robuste’ Piste zu überwinden. Erneut scheint alle ‚Zivilsation’ zu enden. Der Wald zu beiden Seiten wird wieder dichter, die Felder und gelegentlichen Siedlungen kleiner. Geduckt zwischen Bananenplantagen tauchten immer wieder kleine Hütten auf, vor denen die Einheimischen Kaffeebohnen trockneten, Fahrräder bauten oder uns einfach nur mit erstaunten Blicken zuwinkten. Auch hier stießen wir, wie so häufig auf unserer Reise, auf Heerscharen von Schulkindern in ihren blau-weißen Uniformen. Doch nirgends wurden wir mit so viel Neugier und Begeisterung begrüßt, wie hier. Kaum waren wir entdeckt, rief es laut ‚Mzungu!!!!’ (‚Weißer’), und dann waren wir binnen Sekunden von allen Seiten umringt und wurden bestaunt wie nicht von dieser Welt. Doch auch hier – niemals Feindseeligkeit, wenn überhaupt, dann Zurückhaltung, meist jedoch freundliche Neugier.

Unser Ziel war eigentlich eine Missionsstation mit ein Paar Bungalows für Durchreisende am Nordufer des Sees, welche wir um die Mittagszeit erreichten. Sie machte einen ziemlich  verlassenen Eindruck, und so fuhren wir noch ein paar Kilometer am See entlang. Dann stießen wir auf ein kleines Paradies! Irgendjemand hatte die verwegene Idee (und offensichtlich auch das nötige Kleingeld…), 5 oder 6 nagelneue Bungalows an den Strand zu bauen, das Ganze ‚Lake Resort’ zu taufen und auf Gäste zu warten. Doch auch hier zunächst keine Menschenseele, bis ein junger Bursche den Strand entlanggelaufen kam und uns freudig eine ‚Hütte’ zur Übernachtung anbot. Eine kurze Inspektion – alles vom Feinsten! Auf Verpflegung mussten wir zwar verzichten, da wir diese aber auch nicht erwartet hatten, war das kein Problem. Wir suchten uns einen Bungalow aus, bezahlten 20 Dollar für die erste Nacht im Voraus, entluden unser Eisenschwein und eine Stunde später lagen wir am herrlichsten Sandstrand Afrikas!  Die Wellen des Malawi-Sees plätscherten, das Wasser war glasklar, am Himmel nur ein paar kleine Wölkchen und wir mal wieder völlig allein. Nur hin und wieder trieb jemand eine Kuh am Strand von rechts nach links, zwei Stunden später wieder von links nach rechts, ein scheuer Blick, ein kurzes Winken, sonst Müßiggang. Mußten wir doch auf Sansibar verzichten, so beschlossen wir jetzt, hier ein paar Tage ‚Urlaub im Urlaub’ zu machen. Das Wasser filterten wir wieder  aus dem See, die Vorräte an Kaffee und Müsli waren aufgefüllt und vom Kibo war noch genug an ‚lecker’ gefriergetrockneten Mahlzeiten übrig, welche man wunderbar auf der Veranda zubereiten konnte.

Jeden Abend nach Sonnenuntergang brachen für 1 – 2 Stunden schwere Gewitter herein. Der Wind peitschte die kleinen Palmen am Strand, der Regen hämmerte an die Scheiben unserer kleinen Behausung und grelle Blitze erhellten die aufgewühlten Wasser des Sees. Später in der Nacht beruhigte sich das Wetter wieder, und am Morgen war alles wieder friedlich und himmelblau, als wäre nichts gewesen. Vier Tage verbrachten wir so am paradiesischen Ende der Welt. Keine Ausflüge, kein Berg, keine Piste, nix. Auch diese ‚Auszeit’ musste irgendwie sein…

 

Mieser Piekser ohne Chance    Eine heikel-lustige Geschichte noch nebenbei. Es war an irgendeinem Nachmittag. Ich kochte auf der Veranda ein ‚Täss’sche Heeßen’, Christina sorgte im Bungalow ein wenig für Ordnung. Sie bemerkte etwas Größeres, Schwarzes, was gerade im Begriff war, krabbelnd unterm Bett zu verschwinden. Dies galt es, unbedingt zu verhindern, und da das Tierchen recht schnell krabbelte, wurde es, obwohl wir beide sonst durchaus um das Überleben auch von lästigen Gästen bemüht sind, in diesem Falle dann doch ganz einfach zertreten. Grrtsch, und aus war’s mit der Krabbelei. Irgendetwas muß ich in dem Moment von draußen gerufen haben, denn sie vergaß, sich von ihrem Jagderfolg zu überzeugen und kam auf die Veranda. Der platte Krabbelkumpel wurde daraufhin einfach vergessen.

Am nächsten Morgen wurde ich munter, als mir Christina die Hand hielt. Das erregte zunächst kein Misstrauen, wurde von mir vielmehr als zärtlicher Tagesbeginn gedeutet. Mehr und mehr wurde mir jedoch bewusst, dass hier gezielt mein Puls gefühlt wurde. Als ich das kapierte, schlug ich die Augen auf und erkundigte mich nun doch, welchem Leiden meinerseits sie denn auf der Spur zu sein meinte. Sie wirkte sichtbar erleichtert, mich auch noch reden zu hören, überhaupt, dass ich bei guter Gesundheit (am Leben?) war.

Ich hakte nach, und sie gestand mir, daß ihr in der Nacht wieder das Krabbeltier erschienen war. Und je länger sie darüber nachdachte, umso mehr wuchs die schlimme Ahnung, was sie da zertreten haben könnte. Gleich bei unserer Ankunft, nach dem ersten Rundgang hatte ich den Verdacht geäußert, in den Steinen unter der Hütte oder in der Rinde der dekorativ neben dem Bungalow lagernden großen Baumstämme könnten sich Skorpione sehr wohl fühlen und zu etwas Obacht gemahnt.

Im Geiste rekonstruierte Christina nun des Nächtens die Umrisse des Besuchers, kurz bevor er unter ihrem Fuß zerknackte, und kam mehr und mehr zu der Überzeugung, es hätte sich um einen Skorpion gehandelt.

Wie das so ist, in schlaflosen Nächten. Die Gedanken entwickeln eine gewisse Dynamik (man hat ja Zeit…), und am Ende stand die bange Frage, ob es sich um einen alleinreisenden Besucher seiner Gattung gehandelt hatte, oder ob er vielleicht das verspätete Schlusslicht einer gerade in meinem Bett Quartier beziehenden Großfamilie war, deren überlebende Mitglieder sich nun des Nächtens meuchelnd an mir für den respektlosen Tod ihres stachelbewehrten Großneffen rächen. Davon ausgehend, daß sich eine solche Attacke umgehend in fortschreitender Atemlähmung und verminderter Herzleistung bis hin zum Stillstand desselben äußern könnte, erfuhr ich also bis zu meinem Erwachen eine lückenlose Überwachung dieser beiden Vitalparameter.

Als Christina mir dies erzählte, dachte ich zunächst, sie sei von irgendetwas gebissen worden. Ein Skorpion im Zimmer. Quatsch..! Doch ihre Zweifel waren nicht zu zerstreuen, und so beugte ich mich vor’s Bett, um ihr anhand eines eventuell noch an ihrer Sandalensohle klebenden Käferkadavers den Beweis des Gegenteils zu erbringen. Ich hob die Sandale hoch, drehte sie um, und… mir wurde ganz trocken im Mund…  Wie ein zwischen zwei Buchseiten gepresstes Insekt klebte ein schwarzer Skorpion an der vorderen Sohle. Trotz des Verlustes seiner dritten Dimension war er als solcher eindeutig zu erkennen. Zwei kleine Scheren und ein stachelbesetzter Schwanz, dieser noch drohend erhoben vor dem finalen Knirsch. Ufff… Jetzt bat ich Christina, nochmals meinen Puls zu fühlen. Doch ich schien diese Nacht heil überlebt zu haben.

Im Rahmen einer nachfolgenden Suchaktion konnte die Anwesenheit weiterer Artgenossen weitgehend ausgeschlossen werden, und wir achteten bis zu unserer Abreise gewissenhaft auf eine verschlossene Tür und ein unversehrtes Moskitonetz über unserem Bett.

 

  

 

 

 

ulf.hagen@web.de